Kurz nachgefragt: Rasterfahndung – Ein Interview mit Jürgen Spaniol

In unserer neuen Rubrik „Kurz nachgefragt“ führen wir knackige Interviews
zu verschiedenen Themen. Unsere Fragen zum Thema Rasterfahndung konnte uns
Jürgen Spaniol, der Leiter der Gruppe Fahndung vom Bundeskriminalamt (BKA) in
Wiesbaden, beantworten.

Das Interview führte Nadine Lahn

Was ist der Grundgedanke der Rasterfahndung?
Die Rasterfahndung ist eine polizeiliche Ermittlungsmaßnahme. Nach der Definition des Bundesverfassungsgerichts liegt eine Rasterfahndung vor, wenn die Strafverfolgungsbehörde sich von anderen öffentlichen oder privaten Stellen (z. B. von Einwohnermeldeämtern, dem Kraftfahrtbundesamt oder auch Hochschulen) personenbezogene Daten übermitteln lässt, um einen automatisierten Abgleich (Rasterung) mit anderen Daten vorzunehmen. Dabei wird eine Schnittmenge ermittelt, auf welche bestimmte, vorab festgelegte und für die weiteren Ermittlungen als bedeutsam angesehene Merkmale (z. B. Alter, Geschlecht oder Beruf) zutreffen. Ziel einer Rasterfahndung kann sein, Nichtverdächtige auszuschließen — das nennt man negative Rasterfahndung. Eine weitere Möglichkeit ist die positive Rasterfahndung, bei der Personen festgestellt werden, die weitere für die Ermittlungen bedeutsame Prüfungsmerkmale erfüllen.

Was ist der Unterschied zwischen einer positiven und einer negativen Rasterfahndung?
Der Unterschied liegt in der Zielrichtung. Während die positive Rasterfahndung darauf gerichtet ist, Personen festzustellen, die weitere für die Ermittlungen bedeutsame Prüfungsmerkmale erfüllen, ist die negative Rasterfahndung darauf gerichtet, Nichtverdächtige auszuschließen. Anschaulicher wird dies mit Hilfe eines vereinfachten Beispiels: „Suche nach einem verheirateten Mann, der kein Lehrer ist“. Die erhobenen Datenbestände würden nun nach den Kriterien „männlich“ und „verheiratet“ gerastert (positive Rasterfahndung) sowie nach dem Kriterium „Lehrer“ (negative Rasterfahndung).

Bildunterschrift

Unter welchen Voraussetzungen bzw. Bedingungen darf eine Rasterfahndung durchgeführt werden?
Liegt ein Gefahrensachverhalt vor, käme eine präventive Rasterfahndung in Frage. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn konkrete Vorbereitungshandlungen die Annahme rechtfertigen, dass eine Vereinigung gegründet wurde, deren Zwecke oder Tätigkeiten darauf gerichtet sind, z. B. einen Mord zu begehen. Diese ist in den jeweiligenen: Polizeigesetzen des Bundes und der Länder geregelt, für das BKA im §48 Bundeskriminalamtgesetz (BKAG). Im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens, also für den Bereich der Strafverfolgung, ist die Rasterfahndung in den § 98 a,b der Strafprozessordnung geregelt.

Wurde die Rasterfahndung kurz nach ihrer Einführung in den 1970er Jahren durch Horst Herold noch anders verwendet als heute?
Die Rasterfahndung als computergestützter Datenabgleich galt damals, als informationstechnische Systeme gerade erst Einzug in die Polizeiarbeit hielten, als Neuheit. Heutzutage ist die polizeiliche Arbeit ohne elektronische Datenverarbeitung kaum noch vorstellbar. Änderungen gibt es zum einen in den Möglichkeiten der Datenverarbeitung, zum anderen in der Datenlage. Es kann auf eine immer größer werdende Masse von Daten zurückgegriffen werden, da immer mehr öffentliche und nichtöffentliche Stellen personenbezogene Daten erheben. Im Gegensatz zum technischen Bereich sind in personeller und taktischer bzw. ablauf-organisatorischer Hinsicht kaum Veränderungen ersichtlich.

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