Typografie – Was ist das eigentlich?

Das Wort „Typografie“ bezeichnet im Allgemeinen die Kunst und Lehre von Schrift und deren ästhetische Gestaltung. Doch es steckt viel mehr hinter diesem vorerst unscheinbaren Wort.

von Kimberly Rebscher

Typografie ist Kommunikation
Wir haben gelernt, Buchstaben einem bestimmten Laut zuzuordnen, sie zu lesen, sie zu schreiben. Ohne dieses Wissen würden Buchstaben auf uns wirken wie Muster, die wir nicht entziffern können. In Deutschland und vielen weiteren Ländern verwenden wir das lateinische Schriftsystem, dessen Zeichenvorrat 26 Buchstaben umfasst und abhängig vom jeweiligen Alphabet weitere Umlaute und Zeichen enthält. Für uns ist klar, wie der Buchstabe „A“ aussieht und in Deutschland ausgesprochen wird.
Für Menschen, die unser lateinisches Schriftsystem nicht kennen, wirken unsere Buchstaben wie nicht identifizierbare Bilder oder Muster. Für uns ist dies andersherum genauso: Kommen wir zum Beispiel nach China oder Thailand, können wir deren Aphabet ohne Sprachkenntnisse ebenso wenig entziffern.
Typografie ist Kommunikation. Eine Schrift kommuniziert nicht nur über ihren Inhalt, sondern auch über die Wahl der Schriftart. Im Buch „Schrift wirkt!“ von Jim Williams und Gesine Hildebrand wird die Typografe wie folgt beschrieben: „Typografie ist die Stimme des gedruckten Wortes.“* (S.11). Der Mensch kann nicht nicht kommunizieren. Ein Satz kann allein durch die Betonung anders wirken. Wir kommunizieren auch mit unserer Körpersprache, unserem Ausdruck und dem Gesamtpaket unseres Auftretens. Sobald ein Wort geschrieben wurde, fällt diese Art der Kommunikation nicht weg, sondern verschiebt sich auf die Aussage des Textes, die Wirkung der Schrift und die Schriftart. Hier folgt ein kleines Beispiel: Welche Schrift eignet sich eher für einen Liebesbrief?

Im Laufe unseres Lebens begegnen wir hunderten von Schriftarten. Einige sind besser zu lesen als andere, einige wirken modern, andere klassisch oder altmodisch. Typografie soll vielfältig eingesetzt werden und dabei wird der Nutzen stets beachtet. Eine Beschilderung in einem Flughafen soll klar und deutlich den Weg weisen. Ein kleines Restaurant kann seine Speisekarte mit einer verzierten, komplizierten Schrift schmücken. Dies zu tauschen wäre untypisch und im Notfall fatal, wenn Rettungswege nicht klar erkennbar wären. Es folgt ein Beispiel zur schnellen Lesbarkeit von unterschiedlichen Schriftarten:

Die obere Schriftart ist schwerer zu entziffern, da die Buchstaben „a“ und „p“ aus der gleichen runden Grundform bestehen und sich nicht deutlich unterscheiden. Im unteren Beispiel können wir hingegen einen klaren Unterschied sehen und so das Wort schneller erkennen. Der abgeschnittene Bereich simuliert hier eine Störung des Leseflusses, wie z. B. durch ein Schild oder andere Gegenstände aus unserem Alltag.

Der Buchdruck
Der Buchdruck wurde im Jahre 1440 mit den beweglichen Lettern von Johannes Gutenberg revolutioniert. So konnte man Werke schneller duplizieren und massenhaft produzieren.
„Gutenberg hat das Wissen demokratisiert, den ersten Schritt zum Wissen für alle gemacht.“
Gutenbergs Erfindung markiert den Beginn der Neuzeit – dank ihm konnten immer mehr Menschen überhaupt erst lesen und schreiben lernen und sich ganz neue Welten erschließen. Ohne den Buchdruck, darin sind sich Historiker einig, wäre die Entwicklung der Wissenschaften und der modernen europäischen Kultur so nicht vorstellbar gewesen.

Es gibt wirklich Vokabeln für das Thema Schrift?
Um es kurz zu halten: Ja. Und zwar einige. Jedoch werden wir uns nur mit den relevantesten befassen. Zur Beschreibung der Typografie werden einige Werkzeuge bzw. Vokabeln benötigt. Um zu verstehen, wie komplex die Beschreibung sein kann, habe ich in diesem Teil ein paar Beispiele aufgezählt:
Zuerst ist jeder Buchstabe eine abstrakte Form, welche „(Schrift-) Zeichen“ genannt wird. Die konkrete, grafische Darstellung in einer Schriftart wird als „Glyphe“ bezeichnet. Alle Bestandteile einer Schrift werden auch „Anatomie der Schrift“ genannt. Als „Schriftfamilie“ bezeichnet man eine Gruppe von Schriften, die eine ähnliche Formsprache aufweisen und sich nur in Strichstärke, Proportion und Winkel unterscheiden. Ein Beispiel dafür wäre die Schriftfamilie „Arial“, welche es in den unterschiedlichen Ausführungen („Schriftschnitten“) gibt: Regular, Italic, Bold und Bold Italic. Natürlich gibt es etliche Varianten, welche jedoch den Rahmen dieses Artikels sprengen würden. Es benötigt etwas Zeit (und zugegebenermaßen auch Geduld), sich mit dem Thema Schrift zu befassen. Jedoch ist es jegliche Zeitinvestition wert, da man sich kaum vorstellen kann, wie detailreich und spannend dieses Thema sein kann. Wer der Typografie eine Chance gibt, wird es nicht bereuen und auch im privaten oder im beruflichen Alltag viel sicherer mit dem Thema Schrift umgehen können.

Die Lesbarkeit
Ein gut gesetzter Text hat das Ziel, den Leser an die Hand zu nehmen und ihn auf seiner Reise zu begleiten, stets verständlich zu sein, dennoch passend und interessant zu wirken. Ein guter Text ist lesbar, wenn der Leser nicht merkt, dass er liest. Ein Text ist dann schlecht lesbar, wenn er von der Erfassung des Inhaltes ablenkt und der Leser stattdessen den Text entziffern muss. So sollte man sich vor dem Ausdruck einer wichtigen Arbeit einmal folgende Frage stellen: Ist die Schriftgröße 12 Punkt wirklich nötig, oder wirkt sie in dieser Schriftart zu groß? Wie groß ist der Zeilenabstand und wirkt der Text gedrungen? Erleichtere ich den Lesefluss wirklich, wenn ich die Schrift in hellgrau auf ein weißes Blatt drucke?

*TYPOGRAFIE
Heutzutage wird unter dem Begriff Typografie die Kunst und Lehre von Schrift verstanden, wie diese nach funktionalen und ästhetischen Aspekten gestaltet und im Design von Druckerzeugnissen oder digitalen Medien verwendet werden kann. Unterschieden wird dabei in zwei Unterkategorien, die Makro-
sowie die Mikrotypografie.

*ZEILENABSTAND
Ein typografischer Terminus für den numerisch gemessenen Zeilenabstand zwischen zwei oder mehreren untereinander folgenden Zeilen; gewerbespezifische Abkürzung: ZAB. Der Zeilenabstand wird zwischen zwei Grundschriftlinien gemessen.

*GLYPHEN
In der Typografie bezeichnet „Glyphe“ die grafische Darstellung eines Silbenzeichens, segmentalen, symbolischen, ikonischen oder indexikalischen Schriftzeichens in Form eines Buchstabens, Satzzeichens, Sonder zeichens, einer Arabischen Ziffer oder einer Ligatur, also eine konkrete grafische oder typometrische Darstellung eines Zeichens bzw. Schriftzeichens innerhalb eines Schriftsystems bzw. innerhalb eines Schriftschnitts.

*SCHRIFTSCHNITT
Eine von mehreren Versionen einer Schriftart. Verschiedene Schriftschnitte unterscheiden sich durch ihre Strichstärke, Laufweite (Abstand der einzelnen Buchstaben zueinander), Neigung oder durch andere Merkmale – etwa mager, halbfett, fett, schmalfett, kursiv etc.

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