Liebes Tagebuch, – Die Aufschreibekultur als Erinnerungsfixierung
von Larissa Schwager
Tagebücher. Alle kennen sie, manche lieben sie, andere hassen sie. Ganz gleich jedoch ob Liebe, Hass oder Hassliebe, die meisten haben schon einmal von Tagebüchern gehört oder sich sogar selbst daran versucht, eines zu führen. Wie andauernd dieser Versuch dann war, ist eine andere Frage.
Die klassischen Tagebücher werden oft als Bücher definiert, in denen wir tägliche Gedanken und Erinnerungen aufzeichnen können. Doch wo liegt der Ursprung dieser allseits bekannten Praxis?
DIE ENTWICKLUNG VON TAGEBÜCHERN
Die ersten Notizen, die Tagebüchern ähneln, sind in assyrischen Tontafel-Kalendern zu finden. Diese wurden jedoch nicht wie heute von Einzelpersonen verfasst. lm Mittelalter können Chroniken und Logbücher als Vorreiter des Tagebuchs angesehen werden.
Tagebücher, wie sie in unserem heutigen Verständnis existieren, gibt es seit der Renaissance, auch wenn sie bis zum 18. Jahrhundert noch überwiegend in Form von Chronik-Tagebüchern verwendet wurden. Sie dienten zur Reflexion und Verarbeitung der damaligen rasenden Entwicklungen.
Ab dem 18. Jahrhundert kommt es schließlich zu einer Verlagerung in den privaten und individuellen persönlichen Bereich. Tagebücher dienen als Mittel, die eigene Seele zu erforschen. Im 20. Jahrhundert nimmt die Popularität von Tagebüchern maßgeblich zu, da die Menschen aufgrund verschiedener Ausnahmesituationen, wie beispielsweise die beiden Weltkriege, ein zunehmendes Bedürfnis verspüren, ihre Erlebnisse zu dokumentieren. In der Gegenwart steigt der Beliebtheitsgrad der Bullet Journals*, als erneute Tagebuchabwandlung.
Tagebücher gab es demzufolge schon immer in den verschiedensten Formen und Variationen, auch heute noch gibt es Weiterentwicklungen und Abwandlungen des eigentlichen Tagebuchs. Dadurch wird nicht nur gewährleistet, dass der Geschmack jeder Altersgruppe und jeder Person getroffen wird, sondern auch, dass Tagebücher stets eine zeitgemäße Aktualisierung erfahren. Dabei sind die Funktionen von Tagebüchern vielfältig und die Gründe, es einmal zu versuchen, verlockend. Falls dir bisher die Motivation gefehlt haben sollte, ein Tagebuch zu führen, findest du im Folgenden ein paar Anregungen.
5 GRÜNDE ZUM TAGEBUCHSCHREIBEN
1. Die Fixierung deiner Erinnerungen
Das Tagebuch, in all seinen Formen, hat sich als eine weit verbreitete Methode zur externen Erinnerungsspeicherung durchgesetzt. Sie dient als Gedächtnisstütze, als möglichst unverfälschte Haltbarmachung von Erinnerungen und auch als Ersatz eines passenden Gesprächspartners. Dem kommt hinzu, dass du allein durch das Aufschreiben deine Erinnerung festigst. Aus diesem Grund ist es auch eine gute und häufig verwendete Lernmethode, neu erworbenes Wissen aufzuschreiben.
2. Ordnung im Kopf und Stressreduzierung
Außerdem können Tagebücher als eine Art Entspannung und Abschaltung von den Sorgen des Alltags dienen. Man kann den angestauten Frust und das Gefühlschaos auf dem Papier entladen und Ordnung in den Kopf bringen. Auf diese Weise betreibst du eine gute ‘Psychohygiene’, da du dich von ungewollten und negativen Gefühlen befreist. In den 80er Jahren wurde die Therapieform des expressiven Schreibens begründet, in der schmerzhafte Erlebnisse durch das Niederschreiben verarbeitet werden. Es zeigte sich, dass die Patienten dabei eine höhere Widerstandsfähigkeit entwickeln.
3. Verbesserung der Reflexionsfähigkeiten
Indem du dich täglich mit dir, deinen Erlebnissen und deinen Gedanken auseinandersetzt, verhilfst du dir dazu, deine Taten und Erfahrungen mit Abstand betrachten zu können. Du erhältst eine Art Außensicht. Der veränderte Blickwinkel, den du dadurch in der Lage bist einzunehmen, gibt dir die Möglichkeit dein Handeln zu hinterfragen.
4. Fördert Kreativität und hilft Schreibblockaden zu überwinden
Beginnt erst einmal der Schreibfluss durch das stete Überwinden der Unlust, fällt es auch in anderen Bereichen leichter, mit dem Schreiben zu beginnen. Hinzu kommt, dass du durch das tägliche Schreiben deinen Schreibstil stetig weiterentwickelst. Zudem kann das schriftliche Formulieren deiner Ziele zu einem Motivationsschub führen.
5. Optimierung der sozialen Kompetenzen
Durch die Konfrontation mit den eigenen Gefühlen und den Tagesgeschehnissen stärkst du zusätzlich deine Fähigkeiten im Bereich der sozialen Interaktion. Indem du nämlich bewusst Worte wählst, um deinen Alltag und deine Gedanken zu beschreiben, ebnest du den Weg, um diese Fähigkeiten auch im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation anzuwenden. Die zusätzlich erlangten selbstreflexiven Fähigkeiten helfen dir dabei, in Konfliktgesprächen ruhig zu bleiben.
*TAGEBUCH
• In einem Tagebuch werden in der Regel Erinnerungen, Erlebnisse und Momente wiedergegeben und in schriftlicher Form haltbar gemacht.
• Heute wird sich auch stark mit inneren Prozessen beschäftigt.
*BULLET JOURNAL
• Ein Bullet Journal ist oftmals sehr Kreativ gestaltet und bietet verschiedene Gestaltungs- und Verwendungsmöglichkeiten
• Unter anderem dient es als Kalender, zur Ideensammlung, Notizbuch, Organisationshilfe, aber auch Dokumentation des eigenen Trinkverhaltens etc.
• Es vereint verschiedene Tagebuchformen
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