Der Kongo – Eine historische Annäherung

Was haben Ehering, Heizungsrohr und Smartphone gemeinsam?
Sie alle werden mit Bodenschätzen hergestellt, die man im Kongo findet,
denndieser ist eine der rohstoffreichsten Regionen der Erde.

von Aron Ziegler

Der Kongo ist nach dem Nil der zweitlängster Fluss Afrikas und fließt im gleichnamigen Becken nach Westen, wo er in den Atlantik mündet. Das Tiefland-Becken befindet sich in Zentralafrika, beinhaltet etwa 25 Prozent der tropischen Regenwälder der Erde und wird nach Nordosten, Osten und Südosten durch Hochgebirge eingerahmt. Der Nyiragongo ist Teil des östlichen Hochgebirges und einer der aktivsten Vulkane der Erde. Er entstand, wie viele weitere Vulkane, durch Plattenverschiebungen auf dem großen afrikanischen Grabenbruch, der sich zwischen der Somalischen und Nubischen Platte erstreckt. Das aufsteigende Magma ist auch für den Reichtum an vor allem mineralischen Bodenschätzen mitverantwortlich, die es aus niedrigeren Erdschichten in höhere beförderte.

In der Nähe des Nyiragongo findet man unter anderem Aluminium, Eisen Magnesium und Titan. Weitere Bodenschätze der Region sind Gold, Kupfer, Tantal, Mangan, Diamanten, Kalisalze, Erdgas und Erdöl. Allesamt sind diese in den Wirtschaftssektoren weltweit gefragt. Diamanten finden in Schmuck, Werkzeug und der Optik Verwendung. Kupfer wird aufgrund der hohen elektrischen und Wärmeleitfähigkeit in vielen Industriezweigen eingesetzt. Beispielsweise findet es in Kabeln, Wärmeleitern, Münzen oder als Legierung Verwendung. Tantal hingegen wird hauptsächlich in Kondensatoren für elektronische Geräte genutzt. Der Abbau, die Verarbeitung und der Export von Bodenschätzen sind Teil der wichtigsten Wirtschaftszweige der Demokratischen Republik Kongo, der Republik Kongo und der Provinz Cabinda.

Große Teile dieser drei Gebiete bildeten seit etwa 1400 n.Chr. das Königreich Kongo, dass sich über mehr als 300.000 Quadratkilometer erstreckte. Nach ihrer Kolonialisierung um 1880 wurden sie jeweils als Belgisch-, Französisch- und Portugiesisch-Kongo bekannt. Die Kolonialisierung wurde 1885 auf der Berliner Kongo Konferenz offiziell von den europäischen Großmächten bestätigt und anerkannt. Weitere Beschlüsse der Konferenz waren Freihandelsbestimmungen, sowie die Etablierung Belgisch- Kongos als Privatkolonie des belgischen König Leopold II – bekannt unter dem Namen Kongo-Freistaat.

Die 24 Jahre bis zur Übergabe des Kongo-Freistaats in den Staatsbesitz Belgiens sind als Kongogräuel bekannt. Die während dieser Zeit durch die Freihandelsbestimmung erreichte‚ »Zivilisierung « drückte sich durch ein »System unreglementierter Raubwirtschaft«*, charakterisiert durch Sklaverei, Vergewaltigung, Geiselnahme und Tötung, aus. Man stellte unerreichbare Erntequoten von Kautschuk, nahm Kinder und Frauen als Geiseln und exekutierte diese bei Spät- oder Nichterbringung der Quoten. Das gleiche Schicksal teilten Dörfer, die sich den Weisungen der Kolonialherr* innen verweigerten. Dieses brutale Regime halbierte die Bevölkerung des Landes binnen 20 Jahren. Es starben schätzungsweise mehr als zehn Millionen Menschen.

Auch heute wirkt sich die Kolonialzeit noch auf die drei Staaten aus. Nach Erreichen der Unabhängigkeit, destabilisierten sowjetische, belgische und amerikanische Interventionen die Demokratische Republik Kongo und stellten damit die Weichen für die 27-jährige Diktatur Joseph Mobutus. Diese endete mit dem Völkermord in Ruanda, bei dem etwa 75 Prozent der im Land lebenden Tutsi durch die größere ethnische Gruppe der Hutu getötet wurden. Viele beteiligte Hutu flohen in den Kongo, woraufhin Ruanda mit Unterstützung von Mobutu-Gegner*innen das Land eroberte und die Diktatur beendete. In den Folgejahren kam es zu einem Krieg zwischen den ehemaligen Verbündeten, dessen Folgen ein dysfunktionaler Verwaltungsapparat, zerstörte Infrastruktur und eine zerfallende Wirtschaft sind. Ruanda, Uganda und lokale Machthaber* innen plündern die bodenschatzreichen östlichen Provinzen und verhindern somit eine Verbesserung des Status quo. In der Republik Kongo wurde zwischenzeitlich der Sozialismus eingeführt und wieder abgeschafft. Ihr Präsident Denis Sassou-Nguesso ist seit insgesamt 37 Jahren im Amt und wurde zuletzt im März 2021 in den Medien anlässlich der Wahlen für antidemokratische Praktiken kritisiert.

Portugal gliederte Cabinda noch während der Kolonialzeit in den Staat Angola ein. Nach der Entdeckung von Erdöl vor der Küste Cabindas verstärkte Angola die dort bereits stationierten Truppen. Auch deswegen bleibt Cabinda trotz der Bemühungen mehrerer Nichtregierungsorganisationen und teils bewaffneter Unabhängigkeitsbewegungen bis heute Teil Angolas.

Die Region Kongo leidet bis heute unter der Kolonialisierung: Die Folgen für Politik, Wirtschaft, Infrastruktur und Verwaltung stellen eine Hürde dar, die trotz oder gerade wegen des Reichtums an Bodenschätzen, noch nicht überwunden wurde. Eine Änderung der Umstände ist in naher Zukunft nicht zu erwarten.

*(Felix Schürmann: Kongo: Konturen
einer Flussbiografie. 2021, S. 50.)

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