Karteileichen an der Uni

Studenten haben es bekanntlich so leicht: Bis 12 Uhr mittags liegen sie im Bett und ständig gehen sie feiern. Man mag von diesen Vorurteilen halten was man will, doch tatsächlich bietet das Studentenleben so einige Vorteile: Das Kinoticket kostet ein paar Euro weniger, mit dem Semesterticket kann man kostenlos den Nahverkehr nutzen und günstig krankenversichert ist man auch noch.

von Sophia Stölting

So mancher möchte von genau diesem Studentenstatus profitieren. Wie zum Beispiel Jana. Die 23-Jährige hat sich letztes Jahr immatrikuliert, obwohl sie nicht studieren wollte. Ihr Grund: „Meine Arbeitsstelle war gut mit dem Bus zu erreichen. Ohne ein Semesterticket hätte ich über zehn Euro täglich allein für Hin- und Rückfahrt zahlen müssen. Mich in der Uni für nur knapp 200 Euro einzuschreiben, war die deutlich günstigere Option.“ Auch Andreas hat sich für ein Scheinstudium entschieden. Der ebenfalls 23-Jährige wollte zwischen seinem Bachelor- und Master-Studium ein paar Euro dazuverdienen, bevor er für mehrere Monate ins Ausland reiste. „Ich hatte mich immatrikuliert, um während meiner Arbeitszeit keine zu hohen Sozialversicherungsabgaben zahlen zu müssen.“ So konnte der gebürtige Koblenzer mehr Geld für die Reise beiseitelegen.

Die Gründe von Jana und Andreas sind durchaus nachvollziehbar. Doch würden sich zunehmend weitere Personen für ein Scheinstudium entscheiden, würde vor allem eine Gruppe darunter leiden: die Studenten selbst. Scheinstudenten nehmen bei zulassungsbeschränkten Fächern die Plätze von ernsthaft Interessierten weg. Die meisten entscheiden sich daher für Studiengänge ohne NC. Jana hat sich beispielsweise für Germanistik eingeschrieben. Andreas entschied sich für Physik. Dennoch kommt es auch bei diesen Fächern zu Problemen, denn die Universität muss mit der Anzahl der immatrikulierten Personen planen, beispielsweise um entsprechende Vorlesungssäle zu buchen oder Laborpraktika vorzubereiten. Zudem schaden zu viele Gelegenheitsstudenten den betroffenen Fächern. Durch sie schnellt die offizielle Zahl der Studienabbrecher in die Höhe und der Ruf des jeweiligen Fachs wird geschädigt. Nicht zuletzt haben auch die Steuerzahler darunter zu leiden, denn das günstige Leben der Studenten wird durch einen großen Teil an Steuern mitfinanziert.

Zu diesen negativen Folgen soll es möglichst gar nicht erst kommen. Am Karlsruher Institut für Technologie gibt es Regelungen, die ein Scheinstudium erschweren sollen. Im Bachelorstudium gibt es beispielsweise sogenannte „Orientierungsprüfungen“. Je nach Studienfach sind das ein, zwei oder mehrere Klausuren, die spätestens bis zum dritten Semester abgeschlossen sein müssen. Außerdem darf die Studienzeit nicht beliebig lang dauern: Das Bachelor-Studium muss spätestens nach neun bzw. zehn Semestern abgeschlossen werden, das Master-Studium nach acht.

Diese Vorgaben sind nur kleine Hürden, die man leicht umgehen kann. Doch ist ein Scheinstudium überhaupt rechtswidrig? Der Spiegel hat hierzu die Rechtsanwältin Nannette Meyer-Sand befragt. Sie gab an, dass es formal ein Betrug und damit auch eine Straftat sei. Käme es zu einer Verurteilung könnte es schlimmstenfalls zu einer Geld- oder Freiheitsstrafe kommen. In der Regel gäbe es jedoch nicht mehr als eine Exmatrikulation zu befürchten. Heikel würde es nur werden, wenn Kindergeld einkassiert wurde. Der Staat würde dann das Geld mit Zinsen zurückfordern.

Die Aufklärung bleibt schwierig: Wie will man schließlich nachprüfen, ob jemand nicht doch ernsthaft ein Studium angestrebt hat? In Baden-Württemberg wird versucht, durch folgende Regelung im Landeshochschulgesetz das Scheinstudium zu erschweren: „Die Immatrikulation (…) ist zu versagen, wenn die Person in einem Dienst-, Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis steht oder sonst beruflich tätig ist, es sei denn, dass sie nachweist, dass sie zeitlich die Möglichkeit hat, sich dem Studium uneingeschränkt zu widmen.“ Und auch hier bleibt die Frage: Wie soll das überprüft werden? Scheinstudenten zu enttarnen, bleibt somit vorerst ein Ding der Unmöglichkeit.

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