Mit Mut zum Ziel: Was es mit dem Flow-Zustand auf sich hat
Manchmal scheint uns einfach alles zu gelingen. Für eine bestimmte Zeit haben wir das Gefühl, dass uns nichts aufhalten kann. Doch was hat es mit diesem Zustand auf sich und wie können wir ihn bewusst erreichen?
von Manuel Gonzales
Neulich war ich abends bei Freunden eingeladen. Die Stimmung war ausgelassen, die ein oder andere Flasche wurde geleert, die Musik aufgedreht und die kleine Anlage in der WG schepperte was das Zeug hielt. Mit der Zeit füllte sich die Tanzfläche der eigentlich viel zu kleinen Küche. Plötzlich sprang mein Kumpel Felix in die Mitte der feiernden Menge. Der hatte sich bis dahin nur in der hinteren Ecke an sein Bier geklammert, ohne einen Ton von sich zu geben. Geradezu Michael Jackson-mäßig haute er Dance-Moves aufs Parkett, dass alle anfingen zu jubeln. Mit lauten „Go Felix“-Rufen ging es das ganze Lied hindurch und Felix war der Star der Stunde. Das freute mich insgeheim sehr, da ich doch wusste, wie zurückhaltend und schüchtern er eigentlich war. Die Aktion hatte ihn so einiges an Mut gekostet, das war klar. Anschließend war er immer noch aufgedreht und so gut drauf, dass er sich später am Abend zusammen mit einer sehr hübschen Dame vom Acker machte. Respekt!
Manche von Euch mögen jetzt denken: „Was hat das mit Mut zu tun, ist ja nicht so, als hätte der Kerl bei Let´s Dance nackt Limbo getanzt!“
Das mag sein, doch wer Felix kennt, weiß, der hatte an diesem Abend garantiert einen Puls von 200.
Bis zum nächsten Tag ging mir die Sache nicht aus dem Kopf und mir fiel folgendes auf: Durch seinen Mut war Felix wie ausgewechselt. Dieser Mut hatte einen Stein ins Rollen gebracht, was in eine Art Euphorie gemündet war. Sein Zustand war fokussiert, konzentriert im Geschehen und unaufhaltsam. Mut hatte Felix in einen Flow-Zustand gebracht.
Mut, Flow…was bedeutet das!?
Wenn man an Mut denkt, wäre es vielleicht naheliegend, sich dem Thema in Sachen Lifestyle, Flirten oder Ähnlichem zu nähern.
Doch die Geschichte von gerade hat mich dazu gebracht, das Ganze von einer anderen Seite aus zu betrachten.
Und das ist Flow.
Um zu erklären, worauf ich hinaus möchte, müssen wir aber erstmal herausfinden:
Was ist eigentlich Mut und wann begegnet er uns?
Betrachtet man sein persönliches Leben, merkt man recht schnell, welche Situationen Mut erfordern: Eine fremde Person, für die man sich interessiert, auf offener Straße anquatschen. Sich während der Vorlesung in eine womöglich aussichtslose Diskussion mit dem Prof verstricken. Oder den Traktor auf der Landstraße kurz vor einer Kurve überholen.
Auch, wenn das nicht die waghalsigsten Dinge der Welt sein mögen, gehört in jedem Fall etwas Überwindung und Mut dazu. Man hat somit auch einen gewissen Risikofaktor – es könnte ja schiefgehen. Auf der anderen Seite könnte es aber auch klappen. Und schon sind wir auf dem richtigen Dampfer.
Wenn alles läuft wie geplant, empfindet man ein glückliches Gefühl. Und genau dieses Gefühl führt letztendlich zu einem speziellen Verhalten, einem mutigen Verhalten. Die oft mit Mut in Verbindung gebrachten Eigenschaften müssen nicht angeboren sein, sie sind definitiv erlernbar. Hat man diese erst erlernt bzw. hat man gelernt, diese Merkmale in bestimmten Situationen oder Lebenslagen anzuwenden, reift dadurch die Persönlichkeit. Man wird selbstbewusster, verfolgt sicherer seine Ziele und kommt mit Wiederständen besser klar. Außerdem kristallisieren sich Leidenschaften heraus. Man ist bereit Risiken einzugehen. Und der Zustand, in dem man sich dann befindet, genau an einem Punkt zwischen Über- und Unterforderung, das ist „Flow“.
Im Flow – Völlige Vertiefung
Wenn Du erstmal im Flow bist, erlebst du ein Gefühl von völliger Vertiefung und konzentrierst Dich so sehr auf genau eine Sache, dass Du komplett in ihr aufgehst. Alles passiert wie von selbst und Du befindest dich wie in einer Art Rausch.
Dieses Flow-Erleben wird von jeder Person unterschiedlich wahrgenommen und kann sogar ekstatische Züge annehmen.
Der Flow an sich ist somit der optimale Bewusstseinszustand, in dem wir unser größtes Energievolumen aufbringen können. Wir sind in der Lage, auf ganzer Linie zu performen. In diesem Moment wissen wir, dass es möglich – wenn auch schwierig – ist, an unser Ziel zu kommen. Wir wissen, was wir dafür leisten müssen und vergessen dabei Raum und Zeit. Wir fühlen uns als Teil von etwas Größerem, was uns unheimlich leistungsstark macht.
Bislang ist es der Wissenschaft noch nicht gelungen, herauszufinden, wie man diesen bewusstseinsverändernden Zustand verbindlich herstellen kann. Allerdings gibt es Ansätze, an denen man das Ganze feststellen könnte.
Dazu zählen vor allem Extremsportler. Diese Menschen müssen sich bei so gut wie jeder Unternehmung auf ihre Erfahrung und ihren Flow verlassen, um ständig hundert Prozent geben zu können. Hier geht es nicht nur um ein kleines Risiko, es geht um das nackte Überleben. Auf Bergen, im Schnee, in der Luft, im Ozean, im Fluss – allen Elementen ausgesetzt. Das System ist gleichermaßen simpel wie grausam: Flow oder Tod.
Wie wir in den Flow-Zustand kommen
Einige Auslöser, um in Flow zu geraten, kann man klar definieren. Dazu zählen beispielsweise psychologische Auslöser. Je fokussierter desto besser: Uneingeschränkte Konzentration ist enorm wichtig. Hier kommen klare Ziele ins Spiel, die dafür sorgen, dass man nicht mehr über den nächsten Schritt nachdenken muss. Denn man kennt ihn schon.
Ebenso wichtig sind umgebungsbedingte Auslöser. Ist die Umgebung, in der man sich bewegt, kompliziert, so ist noch mehr Vorsicht geboten. Man muss sich intensiver mit ihr auseinandersetzen und sich voll und ganz auf seinen Körper verlassen.
Um gemeinsam in Flow zu geraten, sind soziale Auslöser erforderlich. Hierbei geht es nicht nur um Konzentration und gleiche Ziele. Auch eine offene Kommunikation, eine familiäre Atmosphäre, eine ausgeglichene Beteiligung am Vorhaben und der Sinn zur Selbstkontrolle sind wichtig.
Es gehört eine Menge Kreativität dazu, neue Ideen zu entwickeln und alles einen Schritt nach vorn zu bringen. Um diese Ideen umzusetzen darf es nicht an der eigenen Risikobereitschaft fehlen. Und was kommt an dieser Stelle wieder in Spiel? Richtig, Mut. Ohne den kann es nicht funktionieren.
Abschließend bleibt festzustellen: Mut führt zu Flow und Flow zu Erfolg. Dabei ist es egal, ob man nun wie Felix seinen Flow im Party-Dance-Modus findet oder wie der Autor dieses Artikels im Extreme-Shark-Diving. Mit einem kleinen Augenzwinkern.
*FLOW
der Flow-Zustand wird in der Psychologie aks das Gefühl völliger Vertiefung und restlosen Aufgehens in einer Tätigkeit beschrieben. Er zeichnet sich durch völlige Kontrolle aus und kann in einem tranceartigen Zustand enden.
Manuel Gonzales
ist Investor und Unternehmer und hauptsächlich im Online Marketing tätig.
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