Auf dem Campus wird gejodelt
Früher kritzelte man Sprüche auf Klowände, heute benutzt man dafür Jodel, eine App für anonymen Trash-Talk. Hauptsächlich in Universitätsstädten wird Jodel genutzt. Der 25-jährige Jodel-Gründer, Alessio Avellan Borgmeyer, im Gespräch über seine App, Anonymität und moralisches Verhalten im Netz.
das Interview führte Lea Krug
Anonymer Trash-Talk hat Konjunktur, neben Jodel gibt es auch Secret und Whisper. Die Apps setzen allesamt auf den anonymen Nutzer, der Geheimnisse ausplaudert, lästert oder einfach nur freche Sprüche veröffentlicht. Um mehr über diesen Trend zu erfahren, hat der Karlsruher Transfer mit Alessio Avellan Borgmeyer gesprochen.
Wie würdest du Jodel in einem Satz erklären?
Eine lokale und anonyme Onlinepinnwand, an die jeder etwas schreiben kann, dass die anderen Nutzer dann bewerten oder kommentieren können.
Seit wann gibt es die App und wie viele Nutzer hat sie? Jodel heißt die App erst seit drei Jahren, vorher hieß sie TellM. Inzwischen haben wir über eine Millionen Nutzer.
Warum heißt eure App eigentlich Jodel?
Für das Branding hat uns Jodel besser gefallen als TellM, denn so sind unsere Nutzer „Jodler“ und mit der App können sie „jodeln“. Außerdem war das Jodeln ursprüngliche eine Kommunikationsform, um weite Distanzen zu überbrücken. Deshalb hat uns der Name sofort gut gefallen.
Wie bist du auf die Idee für Jodel gekommen?
Ich hatte die Idee eines anonymen Chats für Freunde, der contentgetrieben ist. So wird unabhängig von den einzelnen Persönlichkeiten kommuniziert. Später wurde die Idee des Chats innerhalb einer Gruppe umgewandelt in die Standortbezogenheit. Die Anonymität ist nur der Mittel zum Zweck, die Kommunikation mit der eigenen Umgebung ist das eigentlich spannende beim jodeln.
Anonymität wird im Netz leider auch missbraucht. Wie geht Jodel damit um?
In Jodel dürfen keine Namen genannt werden, zum Beispiel von Kommilitonen. Ausnahmen gelten für Menschen des öffentlichen Lebens. Mit Hilfe von Jodel sollen sich die Nutzer nicht verstecken, sie sollen offen mit ihrer Umgebung kommunizieren können, ähnlich wie mit Freunden. Am Anfang hatten wir auch Probleme mit pornografischen Bildern. Es gab beispielsweise mal den #pojoso, den Pornojodelsonntag, an dem regelmäßig pornografische Inhalte verbreitet wurden. Inzwischen gibt es diesen aber nicht mehr, denn jedes Bild wird vor der Veröffentlichung von uns geprüft. Einige Nutzer waren darüber sehr enttäuscht.
Was heißt für dich moralisches Verhalten im Netz?
Das ist eine schwere Frage, unmoralisch finde ich es zum Beispiel die Nacktbilder seiner Exfreundin ins Netz zu stellen. Man sollte sich immer bewusst machen, dass das Internet nicht vergisst, egal was man postet oder teilt. Das gilt sowohl für den anonymen als auch für den öffentlich bekannten Nutzer.
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