Game Over – Mensch, Spiel und Zufall

von Aron Ziegler

DAS MONTY HALL PROBLEM IST EINES DER BEKANNTESTEN WAHRSCHEINLICHKEITSPROBLEME DER WELT.
Es basiert auf einer US-amerikanischen Fernseh-Spielesendung und funktioniert folgendermaßen: Den Spielteilnehmer*innen werden drei Türen präsentiert: Hinter einer befindet sich ein Auto, während sich hinter den anderen beiden Nieten in Form von Ziegen befinden. Die Kandidat*innen wählen anfangs eine Tür, hinter der sie das Auto erhoffen. Anschließend öffnet die Moderator*in eine andere Tür, hinter der sich eine Ziege befindet, woraufhin den Kandidat*innen die Chance gegeben wird, die Wahl der Tür zu ändern. Wie ändern sich ihre Chance das Auto zu gewinnen, wenn sie ihre Auswahl ändern?
Die Antwort: entscheiden sie sich um, so verdoppelt sich die Gewinnchance von 33% auf 66%. Selbst der naivste Betrachtungsansatz ergibt, dass Wechseln besser ist. Dennoch gibt und gab es viele Zweifler.

PECH IN KLEINEN HÄPPCHEN
Wir Menschen haben ein fundamental fehlerhaftes Verständnis von Zufall. Spielt man beispielsweise mit Freunden und Familie jährlich an Silvester Monopoly und gewinnt aufgrund von Würfelglück haushoch, so mag es zwar sein, dass man im Vorjahr Pech beim Würfeln hatte. Das vergangene Unglück wird Freunden und Familie aber nicht das Gefühl geben, dass das Spiel deswegen fair gewesen sei. Das liegt zum einen daran, dass sich vermutlich keiner der Freunde oder Verwandten noch an das eigene Pech des letzten Jahres, geschweige denn einzelne Würfelwürfe und deren Auswirkung auf das Spielgeschehen erinnern können. Zum anderen teilen Menschen mental eine Reihe von Zufallsereignissen in kleinere Gruppierungen auf, etwa einen Zug, ein Spiel oder einen Abend. Hat eine Person beispielsweise in einem Spiel besonders viel Würfelglück, so werden vorherige Spiele bei der Wahrnehmung des Glücks oft nicht berücksichtigt, unabhängig davon, ob man sich noch an diese erinnert oder nicht.

ZUFALL UND ZUSAMMENHANG
»Gambler’s Fallacy«, ist ein häufig bei Glücksspieler*innen auftretender Trugschluss und beschreibt die Überzeugung, dass eine Reihe unglücklicher Ereignisse im Spiel und die damit einhergehenden Verluste in der nächsten Runde die Wahrscheinlichkeit eines Gewinns und der damit einhergehenden Gewinnausschüttung erhöhen. Der Trugschluss liegt in der Annahme, dass die Spiele in statistischer Abhängigkeit zueinander stehen, obwohl sie dies nicht tun.
Diese Dissonanz zwischen subjektiver Zufallswahrnehmung und objektiver Wahrscheinlichkeit kann zu Frustration führen. Glücksspielautomaten machen sich diese Emotionen zu Nutzen, um möglichst viel Gewinn zu erzielen. Andere Spiele versuchen solche Frustrationssituationen zu vermeiden: Ein Beispiel hierfür ist etwa »Dead by Daylight«, ein Computerspiel in dem je vier Spieler von einem »Killer« gejagt werden. Läuft einer der Survivors in eine Bärenfalle, so muss diese*r versuchen sich zu befreien. In frühen Versionen des Spiels gab es eine fixe Chance, sich mit jedem einzelnen Versuch zu befreien, die Chance beim ersten und hundertsten Versuch zu entkommen waren also identisch. Dies ist inzwischen nicht mehr der Fall, da dieser Mechanismus als entmutigend empfunden wurde. Stattdessen wurden die Bärenfallen so angepasst, dass mit jedem gescheiterten Versuch aus der Bärenfalle zu entkommen, der nächste Versuch eine höhere Erfolgschance hat. Die Entwickler haben sich also dafür entschieden, die Frustration des Trugschlusses zu umgehen, indem die Spielrealität den Erwartungen der Spieler angepasst wurde.

MONTE CARLO
Der bereits erwähnte Trugschluss des Spielers wird im englischen neben dem Begriff »Gambler’s Fallacy« auch »Monte Carlo Fallacy« genannt. Eine Ergänzung zu letzterem Begriff ist das Monte Carlo Verfahren, eines der wahrscheinlich simpelsten Verfahren zur Approximation von Wahrscheinlichkeiten, welches die Mathematik zu bieten hat. Im Monte Carlo Verfahren wird ein Prozess mit zufälligem Ergebnis, wie zum Beispiel ein Münzwurf, hinreichend oft wiederholt und die Ergebnisse notiert. Am Ende wird die Zufallsverteilung einfach abgelesen. Würde man etwa eine faire Münze eine Million Mal Werfen und die Ergebnisse (Kopf oder Zahl) zählen, so könnte man sich z.B. leicht vorstellen, dass 499.354-mal Kopf und 500.646-mal Zahl geworfen wurde. Das Ergebnis des Monte Carlo Verfahren ist also ungefähr 50/50 Kopf zu Zahl. Diese Einschätzung wird umso genauer, je häufiger man die Münze wirft. Auch wir Menschen können so lernen, nur dass wir oft mit viel zu wenig Datenpunkten inkorrekte oder verzerrte Aussagen über die Realität treffen. Unter Leuten, die »Dungeons & Dragons« spielen, gibt es beispielsweise einige, die nach einer Reihe schlechter Würfe für den Rest des Abends andere teils identische Würfel benutzen, um das eigene Würfelglück zu verbessern.
Unter Einbeziehung von menschlichen Beschränkungen, wie Aufmerksamkeitsspanne und Kapazität des Kurzzeitgedächtnis, stimmen mathematische Erwartungen und menschliche Zufallseinschätzung mit einigen Ausnahmen, wie etwa »Gambler’s Fallacy « recht gut überein.

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